Dienstag, Oktober 15, 2024
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Warum moderne Elektronik kaputtgeht: Wichtiges Wissen und Hintergrundinfos

Wenn die mechanischen Teile von Waschmaschine, Staubsauger, Radiowecker oder Auto einen Schaden erleiden, dann können selbst technische Laien sich den Ausfall meistens noch mit alters- oder verschleißbedingten Materialschäden erklären. Fällt jedoch moderne Elektronik aus, dann müssen selbst Fachhandwerker sich oft auf eine sehr langwierige Fehlersuche begeben und finden dennoch nicht immer die eigentliche Ursache.

Auf den folgenden Zeilen wollen wir Ihnen erläutern, was dahinterstecken kann, wenn elektronische Bauteile in allen möglichen Geräten den Dienst versagen – und dazu auch mit so manchen Mythen und Halbwahrheiten aufräumen. Beginnen wir mit etwas besonders Wichtigem:

Bild: stock.adobe.com © arwiyada

Was es mit geplanter Obsoleszenz auf sich hat

Es ist fraglos einer der häufigsten und schwerwiegendsten Vorwürfe rund um ausfallende Technik: „Das wurde mit voller Absicht so designt, um frühzeitig auszufallen, damit der Hersteller mehr neue Geräte verkaufen kann“. Dahinter steht eine sogenannte geplante Obsoleszenz.

Der Begriff selbst ist schon fast ein Jahrhundert alt. Dahinter verbergen sich mehrere Strategien bzw. Vorwürfe. Im heutigen Verständnis handelt es sich um die Vermutung, Hersteller würden absichtlich und arglistig Schwachstellen unterschiedlichster Art in ihre Produkte einbauen bzw. hineinkonstruieren. Diese sollen für einen möglichst nicht (wirtschaftlich) reparablen Ausfall nach einer eher kurzen Zeitspanne sorgen. Durch das reduzierte Produktleben würde der Kunde hernach angeregt, ein Neuprodukt zu kaufen.

Fraglos lassen sich über dieses Thema ganze Bücher verfassen. Ebenfalls fraglos würde ein solches Vorgehen aus wirtschaftlicher Sicht vielfach Sinn machen – zumal es allein in der allerjüngsten Vergangenheit zahlreiche Beispiele für (anderes) unseriöses Vorgehen von Wirtschaftskonzernen gibt.

Das alles sind aber lediglich Indizien, Vermutungen, Verdachtsmomente. Stand heute (Spätsommer 2024) gibt es unseren Recherchen nach keine einzige wissenschaftliche Arbeit, die zweifelsfrei solche Praktiken nachweist, etwa diese hier:

Der derzeitige Stand ist, dass viele Hersteller angesichts von Analysen der Nutzungsdauer und des technischen Fortschritts eine gewisse Produktlebensdauer einplanen, was mitunter(!) zu einem nicht maximalen Produktleben führen kann. Abgesehen von einigen sehr wenigen Fällen (die keinesfalls repräsentativ sind) sowie leidglich „schludrigen“ Designs fehlt jedoch bislang ein eindeutiger Beweis für absichtliche Schwach- oder Sollbruchstellen in Produkten, um Schäden aktiv herbeizuführen.

Alles Weitere ist, wie man so schön sagt, bis zum Beweis des Gegenteils Spekulation. Doch warum geht Elektronik als ein System augenscheinlich ohne jegliche mechanische Beanspruchung dennoch kaputt? Dafür können wir Ihnen viele andere Gründe präsentieren.

Thermische Überlastung

Es gibt zahlreiche elektronische Bauteile zwischen Kondensatoren, Widerständen, Dioden und Prozessoren sowie die daraus bestehenden Schaltungen, Platinen usw. Ihnen allen gemein sind vier Dinge (merken Sie sich diese bitte gut, sie sind auch wichtig für weitere Erklärungen im Textverlauf):

  1. Sie werden mit elektrischem Strom betrieben, reagieren aber sehr empfindlich insbesondere auf Überspannungen.
  2. Die Bauteile sowie Leiterbahnen, Lötbrücken und ähnliche Verbindungen sind äußerst kompakt bzw. dünn. Dadurch können Überbeanspruchungen verschiedenster Art verheerend wirken.
  3. Gerade heutige Elektronik zeichnet sich vielfach durch eine extrem abgekapselte, hochkompakte Bauweise aus. Es gibt also nur wenig Raum, um Temperaturschwankungen auszugleichen.
  4. Ein elektronisches System besteht immer aus sehr komplex verschalteten Bauteilen. Oftmals gibt es keine Redundanz, wodurch der Ausfall eines einzigen Teils komplette Großgeräte lahmlegen kann.

Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist die streikende Waschmaschine. Überaus häufig steht dahinter ein Elektronikschaden. Indem nur wenige typische Schadteile getauscht werden, lässt sich das Problem wieder beheben – nachdem es üblicherweise entstand, weil es im Einbauraum der Platine entweder zu einem Hitzestau kam oder eine Überspannung ein Durchbrennen verursachte. Letzteres führt uns zur nächsten Ursache:

Hier leitere eindringendes Wasser Strom auf Wege, die er nicht nehmen sollte. In der Folge entstand ein kurzschluss samt thermischer Zerstörung. Bild: stock.adobe.com © Kirill Gorlov

Überspannungen

In vielen Elektronikschaltkreisen sprechen wir von Spannungen im unteren einstelligen Volt-Bereich. Typischerweise werden diese Geräte jedoch im Grundzustand durch eine erheblich größere Spannung versorgt. Bei uns im österreichischen Netz sind es bei der Hauselektrik beispielsweise 230-Volt-Wechselstrom mit 50 Hertz Frequenz. Bedeutet, diese Spannungen müssen durch Transformatoren („Netzteile“) und andere Bausteine heruntergeregelt und in Gleichstrom umgewandelt werden, damit Elektronik funktioniert.  

Natürlich sind die Systeme vielfach spannungsseitig abgesichert, etwa durch Schmelzsicherungen. Diese bieten jedoch keinen absoluten Schutz, etwa gegen:

  • Versorgerseitige Überspannungen
  • Kurzschlüsse
  • Blitzeinschläge
  • Starke elektromagnetische Impulse
  • Statische Auf- und Entladung
  • Induktionen
  • Schaltfunken

Dadurch können unter anderem Transformatoren, Leiterbahnen, Isolierstoffe und Halbleiter zu stark belastet werden und durchbrennen. Also ebenfalls strenggenommen ein thermischer Schaden, der jedoch eine elektrische Ursache hatte.

Info: Wie stark Magnetismus auf Elektronik wirkt, können Sie sehen, wenn große Lautsprecher zu dicht neben einem Bildschirm stehen. Durch die starken Magnete in den Boxen kann es mitunter zu (in der Regel vorübergehenden) Farbveränderungen oder Bildverzerrungen kommen.

Mechanische Schäden

Elektronik selbst enthält, abgesehen beispielsweise von Potentiometern in Drehschaltern, praktisch keine beweglichen Bauteile. Dennoch kann es darin mechanische Schäden geben – wenn sie von außen induziert werden. Sowohl durch langfristige Vibrationen als auch einmalige heftige Stöße kann es zu Brüchen kommen:

  • Leiterbahnen,
  • Lötstellen,
  • Mikro-Steckverbindern
  • Einzelne Bauteile

Hierbei können Sie sehr schön sehen, warum Elektronik selbst von Fachleuten oft nur durch den Austausch ganzer Baugruppen repariert werden kann, von denen lediglich bekannt ist, dass darauf etwas kaputt ist: Angesichts der Komplexität ist es extrem zeitraubend, sämtliche Bauteile einzeln durchzumessen. Alternativen dazu gibt es nicht. Besonders mechanische Schäden sind mitunter zu klein, um für das menschliche Auge sichtbar zu sein.

Nicht ganz perfekte Bauteile

Für alle möglichen elektrisch-elektronischen Geräte gibt des Dutzende Hersteller. Spätestens auf der unteren Elektronik-Ebene der Kondensatoren, Widerstände usw. bedienen diese sich jedoch aus einem Pool einiger weniger Hersteller.

Hierzu müssen Sie nun zwei Dinge wissen:

  1. Es gibt auch bei solchen Elektronikbausteinen unterschiedliche Güte- oder Qualitätsgrade.
  2. Ebenso existieren die Bauteile für verschiedene Einsatzbereiche, etwa Temperaturen.

Stellen Sie sich beispielsweise einen günstigen Wäschetrockner vor. Bei solchen Serienprodukten kommt es bei den Teilen auf Preisunterschiede im Nullkomma-Cent-Bereich an – aufgrund der großen Masse.

Jetzt nutzt der Hersteller vielleicht nicht die hochwertigsten (= teuersten) Kondensatoren. Ebenso greift er zu Exemplaren, deren Arbeitstemperaturbereich bei +70°C liegt – obwohl durch die restliche Gestaltung des Trockners die Temperaturen rings um die Elektronik manchmal höher liegen können.

Bei einem teureren Wäschetrockner wäre das wahrscheinlich kein Problem. Er wäre besser designt und man würde passgenauere, qualitativ hochwertigere Teile nutzen. Wenn das jedoch nicht geschieht, steigt schlichtweg die Ausfallwahrscheinlichkeit, weil Teile verbaut wurden, die bloß „ungefähr“ passen, nicht „perfekt“. Also ein Beispiel für das oben angesprochene schludrige Design – dem gewünschten Verkaufspreis geschuldet.

Ein geplatzter Kondensator. Nicht nur durch den Riss leicht zu erkennen, sondern die ringsherum beschmutzten anderen Bauteile. Bild: stock.adobe.com © elit76_d

Alterungsprozesse

Falls Sie nicht tiefer in diese Materie involviert sind, waren die vorherigen Kapitel wahrscheinlich schon sehr aufschlussreich. Dieses hier könnte jedoch tatsächlich überraschend wirken. Denn in der Tat können verschiedene elektronische Elemente altern. Selbst, wenn sie niemals in Extrembereichen betrieben werden, stets eine behutsame Behandlung erfahren – sogar dann, wenn die Geräte bloß ausgeschaltet und ohne Stromversorgung auf dem Dachboden liegen.

Ein hervorragendes Beispiel dafür sind Elkos. Nein, nicht das österreichische Polizeisystem, sondern Elektrolyt-Kondensatoren. Ein Bauteil mit sehr unterschiedlichen Einsatzzwecken, aber einem Nachteil: In vielen Elkos ist das Elektrolyt flüssiger Natur. Das hat für die Anwendung einige Vorteile. Allerdings kann es

1. austrocknen

oder

2. auslaufen.

Ersteres ist ein grundsätzliches Problem. Egal wie dicht das Kondensatorgehäuse ist, das Elektrolyt kann sozusagen „Atom für Atom“ durch die Dichtungen wandern. Das ist vor allem in Zeiträumen von mehr als einem Jahrzehnt ein Risikofaktor und ein wichtiger Grund, warum alte Fernseher, Computer, Handys oder Fahrzeugsteuergeräte trotz bester Lagerungsbedingungen den Dienst versagen.

Immerhin: Wenn alte Elektronik nicht funktioniert, sind die Elkos als „übliche Verdächtige“ meist die ersten Teile, die Fachleute kontrollieren. Ebenso lässt sich ein ausgelaufener oder gar durch Überhitzung geplatzter Elko für Elektronik ungewohnt leicht erkennen. Schwierig ist nur, dass diese Kondensatoren nicht die einzigen Teile mit Alterungsproblemen sind.

Ebenso betroffen ist alles, das auf Kunststoffe zur Isolation setzt – davon gibt es selbst in einfachen Schaltungen leider überreichlich.

Fabrikationsfehler kalte Lötstelle

In der industriellen Fertigung von Elektronikbausteinen hantiert kaum noch ein Mensch mit dem Lötkolben. Stattdessen kommen hier automatisierte Verfahren wie etwa das Schwall- bzw. Wellenlöten zum Einsatz. Normalerweise sind sie Garanten für gleichbleibend hochwertige Lötverbindungen. Mitunter kann jedoch etwas schiefgehen – unbemerkt.

Dann können einzelne Verbindungen eine sogenannte kalte Lötstelle sein. Sie kann verschiedene Ursachen und Ausprägungen haben. Allen gemein ist: Eine solche minderwertige Lötverbindung lässt sich selbst durch eine sehr genaue Qualitätskontrolle nicht zwingend entlarven. Sie hat beispielsweise den passenden elektrischen Widerstand, alles funktioniert wie gewünscht.

Im Verlauf der Zeit oder beim Auftreten bestimmter mechanischer Belastungen kann sich die Verbindung jedoch trennen. Besonders knifflig: Nicht immer entsteht dadurch ein dauerhafter Ausfall, sondern oft nur einer, der sporadisch auftritt. In manchen Fällen kann durch eine kalte Lötstelle sogar ein Lichtbogen entstehen – der seinerseits wiederum weitere thermische oder überspannungsinduzierte Schäden verursachen kann.

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